Countdown 3 Wochen! Mission: Mein Rad

So ziemlich die erste Frage, mit der ich mich befaßt habe, (neben den abendlichen Stunden in denen ich mit google maps und google earth verschlungene Wege in den Osten gesucht habe, den Blogs all der anderen Reisenden die per Rad oder trampend durch die Welt ziehen ….und das sind wirklich viele, und die meisten machen wirklich wildes Zeug: Irgendwo aus den baltischen Republiken an den entferntesten besiedelten Ort – das ist in der Südsee, weit hinter Neuseeland. Ein anderer latscht nach Vietnam – alleine! Zu Fuss!) … aber eine der Frage die mich schon in den ersten Wochen der Planung sehr beschäftigt haben, zu einer Zeit wo diese Idee  eben tatsächlich noch vage Idee und nicht Plan war, war diese Frage eben genau die: Mit was fahr ich da hin? Mein sehr geliebtes Ghost Kato war kurz zuvor erst von einem dieser verachtenswerten  Fahrraddieben eingesackt worden – abgesperrt (und das Schloss schon eine ziemliche Investition) … und trotzdem war´s weg, vor dem CaVa im Westend, was für ein Scheiß-Elend  (aber irgendwann, irgendwann!!! erwisch ich einen von Euch und dann tobe ich mich aus)

 

Später sollte ich zu meinem Geburtstag dann das Rad meines Vaters bekommen, das wir Kinder ihm zu seinem 50sten geschenkt hatten. Selbstredend war dieses Fahrrad der Marke Wheeler inzwischen designtechnisch geilstes Old-School und aufgrund konsequentem Nicht-Gebrauchs auch noch in Bestzustand. Dass ich nicht mit einem 28-Jahre alten 28´´ Zoller Antikstahl- Wheeler in den Osten pedaliere war aber auch klar.

 

Ich bin mit dieser Frage, nachdem ich viel und viel sinnlos auf Foren herumgelesen habe zu dem Menschen gegangen zu dem ich immer gehe, wenn ich mal wieder ein Rad brauche (meistens weil irgendein verachtenswerter Fahrraddieb sich meines sehr geliebten Rads bemächtigt (aber irgendwann…). Und so sehr dieser Mensch sich mitleidsvoll meine Klage anhört, so sicher weiß er auch, dass am Ende der Leidensgeschichte die Neuanschaffung meines nächsten Rades steht. Und so traurig ich über den Verlust von jedem meiner Fahrräder immer bin, so glücklich bin ich dann auch immer mit meinen Neuen. Der Mensch heißt Klaus und sein Laden heißt Funsport, ist in Martinsried und in der Werkstatt arbeitet der Michi, Radlmechaniker, und immer schwarze Finger, aber so muss das sein.

 

Diesesmal nun also ein Rad dass auf die Anforderungen an eine lange Fahrt mit viel Gepäck, über Straßen und Pisten, Berge und Wüsten optimiert ist: Stabil bis unverwüstlich. Da wo nichts kaputtgehen darf, sollte das verlässlichste Material verbaut werden, gleichzeitig aber keine Technik bei den Verschleißteilen, die nicht überall auf der Welt repariert werden können. Und das heißt dann (so zumindest die Entscheidung zu der wir gekommen sind): Stahlrahmen, höchste Qualität bei den Laufrädern, keine Federgaben (Gewicht und Verschleiß), keine Scheibenbremsen (Ich hatte noch NIE! eine Scheibenbremse, die nicht nach 50km gesungen, nach 150km geschliffen und nach 500km das erste Mal doch irgendeinen Straßen-Dreck abbekommen hätte, dass die Scheibe dann gut geölt und laut war, aber nur noch schlecht gebremst hat. Keine Scheibe!), … und keine Rohloff: weil zu teuer! Vermutlich ist es die Schaltung schon irgendwie auch wert, aber ich hab keine 1400 Euro für eine 14-Gang Schaltung. Vermutlich gehen die NIE kaputt, aber wenn doch bist du aufgeschmissen. Entsprechend: klassische Kettenschaltung. Bekommt man überall von München bis Peking gerichtet ausgetauscht oder zumindest soweit instand gesetzt, dass man zum nächsten Radlhändler kommt. Schien mir die risikoärmere Variante.

 

Mit dem Klaus Jockers vom Funsport Laden habe ich mich auf ein Sponsoring Agreement geeinigt, mit dem beiden leben können und dann gings los: Mike, the mechanic, brachte die Rahmen von SURLY ins Spiel: Klassischer Stahlrahmen, stabil, überall Aufnahmen für die verschiedenen Anbauten: Gepäckträger, Schaltung, die Sockel für die Cantilever Bremsen, alleine für die Wasserflaschen sind 3 Plätze vorgesehen. Den Rahmen gibt’s in einem sympthischen Kaktus grün – mit all den Aufnahmen für frage-nicht-was-für-Anbauten wundert man sich, warum der Rahmen „TROLL“ und nicht „CACTUS“ heißt. Räder sind simple Maschinen – und wie jede Maschine nicht ohne die intrinsische Chancen mit einer unerwarteten Pannen liegen zu bleiben. Pannen sind unproblematisch, wenn sie einen in der Nähe einer gut sortierten Werkstatt ereilt. In der Abgeschiedenheit der Berge aber kann so ein Schaden ziemliche Probleme aufwerfen. Der Troll Rahmen ist darauf ausgelegt genau das nicht zu tun. Bei SURLY schreiben sie über den Rahmen:  “Troll is a bike that has one purpose – and that purpose is to carry you as far away from society as possible”

 

Das passt, dachten wir uns

 

Mit dem Rahmen kompatibel sind alle möglichen Laufrad-Größen, mit den Sockeln für die Cantilever Bremsen allerdings nur 26´´er. Auch weil moderne Felgen offenbar gar keine Bremsflächen für Felgenbremsen besitzen. Mag sein, dass für den 1,97 Meter Deutschen das 26´´er Rad ist wie das Dreirad für den Zirkusbären, aber mich bringt das nicht in geometrische Zwangslagen. Mit den Laufrädern hat sich Klaus ausführlich befasst: rausgekommen ist nach Nächte-langer Versenkung in die Welt der Felgenbauer ein Produkt aus einer schwäbischen Laufradschmiede, Whizz Wheels: Hinten eine DT350er Nabe mit Andra 40 Felgen und verstärkten Speichen. Das Laufrad hätte auch die Zulassung für ein E-Bike Tandem. Solange ich damit nicht durch Minenfelder radl oder mit Lastwagen kollidiere sollte das halten. Vorne die gleiche Felge aber ein SON N28 Nabendynamo.

 

Mit dem Nabendynamo speise ich die Powerbank von NC-17 mit dem sehr eingängigen Namen NC-17 Appcon GT3000. Das coole ist, dass die Powerbank im Lenkerrohr versenkt werden kann, mit einem speziellen Verschluss (mit Sichtglas) wird der Gabelschaft verschlossen und zwei Kabel mit Micro USB und USB Ausgang schauen raus – da kann ich nun meine Scheinwerfer, Rücklichter, Telephöner, GPS Gerätschaften etc ebenso entspannt laden wie meine Stirnlampe  und den Rechner. Abhängig davon wieviel ich an dem Tag vorankomme. Aus dem Gabelschaft blinkt es blau, wenn das Gerät lädt und grün wenn es schläft. Der Ladestrom siganlisiert auch die Umdrehungen des Rades, woraus sich die Geschwindigkeit und in Combi mit dem Höhenmesser der Kalorienverbrauch bemisst – sowie Stromproduktion und Ladungsstatus. Sichtbar wir all das per App auf dem über Blue Tooth auf dem Handtelefon.

 

Ein kurzes Augenmerk auf Ausfallenden? Und Achsen? Nur kurz: Wer vorhaben sollte einen Hänger hinter seinem Rad herzuziehen, dem sei geraten diese Überlegungen frühzeitig in die Planung miteinzubeziehen. Die beiden Anbieter, die Hänger in ausreichend solider Qualität herstellen heißen Weber und machen den Monoporter, bzw BOB und die machen den Yak. Als der Ober-Technik Mensch bei Weber in der Nähe von Rosenheim die Photos meines hinteren Radteils gesehen hat – Ausfallenden, Achse und Besetzung der  vorgesehenen Bohrungen für diverse Anbauten, hat er schnell abgewinkt und dringend davon abgeraten es mit irgendwelche Bastellösungen zu versuchen. Zumal das Rad von hinten in den Rahmen geschoben werden kann, könnte ein beständiger Zug des Nachläufers mit der Zeit auch das Rad nach hinten herausziehen. Liest man sich in die Beiträge in Spezialforen ein, sind die Nutzer des Weber-Monoporters uneins in ihrer Bewertung der Verlässlichkeit und die Kritik fokussiert auf dem Kupplungsprinzip und die Verbindung mit der Achse. Dass man plötzlich seinen Hänger verliert, sich dabei der Mantel des Hinterrads in die Felgen-Bremse frisst und die Tour so ein jähes Ende nimmt, kommt offensichtlich vor.

 

Rückblickend ist es also absolut löblich von den Mitarbeitern der Firma Weber bei nicht idealen Voraussetzungen abzuwinken, und nicht doch lieber den Hänger verkaufen zu wollen. Thanks Weber! Ich hätte das Ding liebend gerne gekauft und rumgezogen.

 

Bei den BOB Yaks ist die Kupplung simpler und so habe ich an sich bis zuletzt nicht verstanden, warum die Anbieter außerstande waren mir zu sagen: „Kaufe diese Achse, kaufe diese Muttern, kaufe all diese TOP-Produkte der Firma BOB, montiere und fahre hin in Frieden!“ – oder eben zu sagen: geht nicht, lass stecken!“ … aber so richtig ja oder nein wollte die BOB –Händlergemeinde scheinbar nicht sagen, … Drum jetzt ohne Hänger, aber mit einer Steckachse, Original-Teil von Surly: Thru Axle 12x142/148. Verbaut-fertig-alles gut!

 

Mäntel: Schwalbe Marathon Mondial, ein Kumpel der gerade mit seiner Freundin in Vietnam ist (aus der Eifel kommend!) hatte seinen ersten Platten kürzlich, nach 11 Tausend Kilometern. Schaltung, Bremsen, Kurbel, alles Shimano von Deore bis XT. Lenkervorbau von Ghost, Lenker Procraft, Sattel SQ-Lab: Hier bietet Klaus einen sinnvollen Service: Sattel erst mieten und mal ein paar Tage Probefahren und sitzen: dann entweder für kleines Geld zurückgeben oder behalten. Bei mir hat der SQ Lab 611 von Anfang an gepasst.

 

Bei den Pedalen hat mich Klaus von BLK22 on Contec überzeugt. Breite Pedale erlauben mehr unterschiedliche Fuß-Positionen, das kann auf Dauer ein Mehr an Komfort bedeuten. Die Stifte geben guten Halt, barfuß kann man halt nicht fahren, aber das ist vielleicht eh keine so gute Idee.

 

Empfohlen wurde mir von anderen Fernradreisenden (quasi Fernradreise-Adel: Uwe und Isabel Ellger, die machen gefühlt seit 10 Jahren nichts anderes als zusammen um die Welt zu strampeln) die selbst nicht mehr zur jüngsten Jugend gezählt werden können, die Sattelstütze Thudbuster von CaneCreek – eine Parallelogramm-Konstruktion, die Schläge aufs angenehmste abfedert, bei einem sonst ungefederten Bike ist das möglicherweise eine wichtige Investition in Fahrkomfort, wenn die Straßen aufhören und die Pisten beginnen.

 

Zusammengebaut hab ich das Bike über weite Strecken mit Michi in der Laden-Werkstatt, Röntgenstraße 1, 82152 Planegg: Richtiger: Der Michi hat das Rad zusammengebaut und ich hab mitgemacht – das würde ich auch jedem empfehlen, weil man so sein Rad doch nochmal ein gutes Stück besser kennenlernt, als wenn man es fertig im Laden kauft. Bremsen montieren, Schaltung einstellen, Bowdenzüge verlegen, …. alles keine Zauberei, aber schon sehr sinnvoll, das mal unter Profianleitung machen zu dürfen.

 

Seit 3 Wochen ist das Surly Troll fertig, die Gepäckträger (Tubus Tara vorne und Cargo Evo hinten) sind montiert und ich bin sehr zufrieden. Alles stabil, solide ohne schwer oder schwerfällig zu sein. Man spürt den Nabendynamo aber ich hab auch immer Strom.

 

Mission accomplished!

 

Unterm Strich: ich hätte das alleine NIE hinbekommen. Ich hätte mir stattdessen ein Rad von der Stange gekauft, am Ende vermutlich deutlich mehr gezahlt, weniger gewusst und in manchen Komponenten schlechtere Qualität in Kauf genommen. Wenn man die Chance hat, so etwas als Projekt gemeinsam mit einem Profi aufzubauen, wäre meine Empfehlung genau das zu tun. Danke Klaus, Danke Michi für die Unterstützung und die Beratung, die Montagehilfen für mich als Montagegehilfe (bitte kurz das Wortphänomen Montagehilfe und Montagegehilfe bemerken und wertschätzen!)und die lustige Zeit beim Schrauben und  Klaus, Danke für das Sponsoring!

 

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